Einfachheit – die pure Form. Was macht Piet Stockmanns Erzeugnisse so besonders? Faszinieren uns nicht immer das Reine, Schnörkellose, die perfekte Form und das kompromisslos Geometrische? Wie viel Ästhetik liegt auch im schlichten Weiß oder im royalen Blau, im Glanz des Materials oder in verhaltener Rauheit? Nicht nur das Auge nimmt Teil an solchen Dingen, die Hand möchte sie berühren, Form und Oberfläche „erfahren“.
Piet Stockmanns Objekte bieten diese visuellen und taktilen Erfahrungen. Das Spektrum seiner Erzeugnisse reicht vom Essteller über nichtfunktionale Tafelgegenstände bis zu Installationen und Body Art aus Porzellan. Die Grenze zwischen angewandter und freier Kunst ist flexibel.
Stockmans wurde 1940 in Leopoldsburg, Belgien, geboren. Er absolvierte eine Ausbildung in Bildhauerei und Keramik am Provinciaal Hoger Instituut voor Kunstonderwijs in Hasselt, Belgien und im bayrischen Selb. Von 1966 bis 1989 war er in der Keramikfabrikation Mosa in Maastricht als Industriedesigner beschäftigt. Seine Tätigkeit als Chefdesigner bestimmte fast dreiviertel der Gesamtproduktion. Von ihm stammt das 1967 entworfene Service „Sonja“, mit dem Mosa auf dem Gebiet des Hotelporzellans großen Erfolg hatte. Von 1969 bis 1998 unterrichtete Piet Stockmanns außerdem Industriedesign in Genk am Stedelijk Hoger Instituut voor visuele Kommunikatie en Vormgeving, der späteren Media und Design Akademie. In Eindhoven lehrte er von 1983 bis 1985 Keramikdesign an der Academie voor Industriële Vormgeving.
Ein Meilenstein war 1987 die Einrichtung des Studios “Pieter Stockmans”. Seit 1989 widmet sich der Porzellan Designer und Künstler ausschließlich seiner freiberuflichen Tätigkeit. Seinen Wirkungsort verlegte Stockmans 2010 auf das Gelände der „C-Mine“, in Genk-Winterslag, eine ehemalige Steinkohlenmine, die 1988 geschlossen wurde und in der auch andere kulturelle Institutionen und Ateliers untergebracht sind. Inspiration und Kreativität sind in der Atmosphäre dieses Kulturzentrums nahezu von selbst gegeben.
2009 übernahm Widukind Stockmans, die Tochter des Designers, das Studio. Auch Frank Claesen, ihr Ehemann, setzt im Entwurf die Tradition der Porzellanmanufaktur fort. Weitere Mitarbeiter stehen ihnen in der kreativen Arbeit und in der Porzellanherstellung zur Seite.
Ausdauer zu haben und sich Zeit zu nehmen für seine kunsthandwerkliche Arbeit ist ein Anliegen Stockmans. Erst durch eine sorgfältige Ausführung entsteht Qualität. Dies ist seine Überzeugung und die seiner Mitarbeiter. Es sei eine Freude, mit Ton zu arbeiten und seine Kreativität in der Formgebung von Porzellan auszuleben, so das Bekenntnis des Designers. Porzellan ist auch für ihn das sprichwörtliche „weiße Gold“.
Porzellan ist von der Grundmasse her eine Mischung aus verschiedenen Mineralien und Zusatzstoffen, die Zusammensetzung variiert. Porzellan lässt sich nicht wie Ton kneten. Die flüssige Masse wird in eine Form gegossen oder in einem Drehautomaten zu runden Objekten wie zum Beispiel Esstellern mechanisch gebildet. Die Gegenstände Stockmans sind Unikate, eine serielle Herstellung ist aber nicht ausgeschlossen. Das moderne Porzellan Design findet sich auch in zahlreichen industriell hergestellten Serien wieder. Die Produktion beruht auf einer Kombination von Handwerk und experimentellen Verfahren. Das Ergebnis sind Hartporzellanobjekte, in denen sich Innovation mit kunsthandwerklicher Arbeit verbindet. Sie werden bei 1400˚ C gebrannt, wodurch eine hohe Dichte des Materials und ein sehr reines Weiß erreicht werden. Auch ohne Glasur sind sie ausgesprochen unempfindlich. Davon profitiert vor allem das Tafelgeschirr. Das Schalenset Expression, ein Entwurf von 1991, ist dafür ein Beispiel.
Der engagierte Designer Stockmanns macht auch als freier Künstler von sich reden. In diversen Ausstellungen fanden seine Objekte und Installationen Aufmerksamkeit: 1981 richtete das Kulturhaus Z33 in Hasselt die erste Soloaustellung aus, 1983 nahm Stockmans an der XVII. Biennale in Sao Paulo teil. 1986 wurden Werke von ihm im Atelier 340 in Brüssel gezeigt, im gleichen Jahr eine Installation mit Porzellanfragmenten auf dem Friedhof Campo Santo in Gent und eine weitere Assemblage mit Porzellanschalen im Design Museum Gent. Bedeutende Kunst- und Designmuseen interessierten sich von da ab für seine keramischen Arbeiten, so zum Beispiel das Stedelijk Museum in Amsterdam, wo er 1991 ausstellte, und das Design Museum in Helsinki im Jahr 2000. In beiden waren geordnete Akkumulationen seiner Porzellanobjekte als Installationen zu sehen. Das Design Museum in Gent zeigte 2010 eine Retrospektive seines Werks. Bereits 1987 hatte der Designer den ION Award Good Industrial Design der Niederlande erhalten, 1988 erhielt er den Staatspreis für Bildende Kunst der Flämischen Gemeinschaft. Weitere Auszeichnungen folgten. 1995 wurde Piet Stockmans als Kulturbotschafter Flanderns geehrt.
Es sind dennoch in erster Linie die Einzelobjekte, in denen die künstlerischen Fähigkeiten Stockmans hervortreten. Neben den Gebrauchsgegenständen finden sich hier die nichtfunktionalen Porzellanobjekte wie die verfremdeten Kaffeekannen von 1976 oder auch die Trophäen, Gedenkteller und Präsentobjekte. All dies sind Einzelstücke, die immer in der Gestaltung überzeugen und den sorgfältigen Umgang mit dem Material stets neu präsentieren. Was das Tafelgeschirr angeht, das mittlerweile in zahlreichen Variationen auch in renommierten Restaurants auf den Tisch gebracht wird, so bleibt das Schalenset Expression mit seinen 7 ineinander zu fügenden halbkugeligen, puristischen Formen eines seiner Design-Höhepunkte. Die Schalen sind hochwertig verarbeitet und haben an der Oberseite eine dezente Kannte, die für einen griffigen Halt sorgen. Das beliebte Piet Stockmans Schalenset Expression wurde 2018 neu aufgelegt und ist nun mit 5 oder mit 7 Schalen erhältlich. Das exakt gearbeitete Set fasziniert durch das perfekte ineinandergreifen der unterschiedlichen Formgrössen.